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Wir spiegeln uns im Wasser

Ein Gastbeitrag von Luis Töchterle von der Fischereigesellschaft Innsbruck

 

Wasser reflektiert. Das ist eine Einladung zum Wahrnehmen. Wasser ist unser wichtigstes Lebensmittel, am und im Wasser sind die wertvollsten Lebensräume. Doch unser Lebensstil trampelt darauf herum. In der verordneten Hektikpause zu Corona-Zeiten könnten wir darüber nachdenken – vor der Rückkehr ins „normale Leben“. Dafür müssen wir nicht ans Meer, wo spektakuläre Tierarten aussterben, Korallenriffe verbleichen und riesige Inseln aus Plastikabfällen treiben. Ein Blick auf die heimischen Flüsse, Bäche und Seen reicht aus, um gern verdrängte Tatsachen zu erkennen. Lösungen? Die möge jeder selbst überlegen.

 

➡ Flüsse als Müllabfuhr

Wer jemals bei einer Uferreinigung dabei war, kann aufzählen, was alles von unserer „Überfluss-Gesellschaft“ in Richtung Gewässer gerät. Ein einziger Zigarettenstummel in einem Liter Wasser reicht, um die Hälfte der darin schwimmenden Fische zu töten. An kaum einem Ufer kann man ein paar Schritte gehen, ohne auf Müll zu treffen. Selbst unseren Kläranlagen gelingt es nicht annähernd, alle Giftstoffe, Medikamentenrückstände etc. auszufiltern. Gar nicht zu reden von Oberflächenwässern, die von Straßen, als Räumschnee oder von landwirtschaftlichen Flächen in die Gewässer geraten.

 

➡ Die Lüge von der sauberen Wasserkraft

Wasserkraft ist erneuerbar und emissionsfrei, weil die Sonne verdunstetes Wasser emporträgt. Das ist die gute Nachricht. Nicht erneuerbar sind allerdings getötete Tiere und zerstörte Lebensräume. Denn was diese Art der Stromerzeugung unseren Flüssen antut, wird nur deshalb ignoriert, weil Fische und andere Wassertiere nicht laut schreien. Zuwenig Restwasser in Ausleitungsstrecken, Schwall und Sunk von Speicherkraftwerken, Stauraumspülungen töten zuverlässig jedes Jahr ganze Generationen an Laich, Brutfischen und Wasserinsekten. Nicht auszudenken, dasselbe geschähe mit kuscheligen Säugetierbabys. Dabei fehlt noch der Blick darauf, was Wanderhindernisse oder die Flusseintiefung durch fehlendes Geschiebe verursachen.

 

➡ Ein Blick unter die Oberfläche

Bewusst zugespitzt: Jede Ufermauer ist Ergebnis einer Fehlplanung. Noch schlimmer, wenn lebendige Bachläufe zu monotonen Gerinnen verkommen. Natürlich ist es legitim, wichtige Infrastruktur gegen Hochwasser zu schützen. Wenn aber Straßen und andere Bauten bedenkenlos so nahe an Fließgewässer gerückt werden, zeugt das von fehlendem Respekt gegenüber vielfältigen und immer selteneren Lebensräumen. Und nicht nur das Ergebnis solcher Eingriffe, sondern auch deren Umsetzung erfolgt oft rücksichtslos. Laich und Larven von Bachforellen etwa befinden sich fast ein halbes Jahr im durchströmten Schotterkörper, starke Trübung z. B. durch eine größere Baustelle nimmt ihnen den Sauerstoff und tötet sie! So wie strenger Nachtfrost eine ganze Ernte vernichten kann. Das Insektensterben trifft nicht nur bunte Schmetterlinge, sondern auch unscheinbare Wassertiere, die im Ökosystem wichtige Funktionen tragen. Auch Touristiker sind angehalten über den Widerspruch nachzudenken, wie sehr intakte Wasserlandschaft in ihrer Kommunikation gezeigt wird und wie sorglos sie selber mit dieser Ressource umgehen.

 

Diese Feststellungen sollen nicht vorgeben, Fischer würden alles richtig machen. Ihr Umgang mit den Gewässern rechtfertigt oft kritische Anmerkungen. Unsensibles Verhalten, nicht ökologisch bedachter Fischbesatz oder nicht waidgerechte Ausübung der Fischerei schaden Lebewesen und Lebensraum im und am Wasser zusätzlich.

 

Zum Beitrag auf der Website der Fischereigesellschaft Innsbruck: http://www.fischereigesellschaft-innsbruck.at/de/news/meldungen/Wir-spiegeln-uns-im-Wasser.php